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DIGITALER TÜRÖFFNER: NEAR FIELD COMMUNICATION CHIP

Zwischen Daumen und Zeigefinger – Leben mit einem NFC Chip

Digitale Innovation muss nicht zwangsläufig das Unternehmen verändern. Sie kann auch eine neue Firma hervorbringen – als Corporate Start-up. Was dabei zu beachten ist, erklärte Julia Everbeck am Rande der DIGITAL X 2019.

Wenn Stephan Nachtsheim (36) von der Arbeit nach Hause kommt, hält er lässig seine linke Hand an die Klingelanlage und betritt das Haus. Einen Schlüssel benutzt er längst nicht mehr. Aber auch sein Smartphone muss er dafür nicht mehr aus der Tasche ziehen, denn Nachtsheim hat sich einen NFC-Chip (Near Field Communications Chip) zwischen Daumen und Zeigefinger implantieren lassen und ihn dann via Smartphone-App auf diese Anwendung programmiert.

Stephan Nachtsheim. Privat

Was in Schweden, dem Heimatland des Chip-Startups Biohax, schon gang und gebe ist, verursacht hierzulande vor allem zwei Reaktionen: totale Ablehnung von denjenigen, die sich um ihre Daten sorgen, und totale Begeisterung von Technik-Interessierten, wie Nachtsheim, der beim mittelständischen Dienstleister iMi digital in Eltville am Rhein für die Informationstechnologie verantwortlich ist. „Im Nachgang der DIGITAL X 2019 hielt ich ein Seminar im Unternehmen, in dem ich den Chip als kurzen Impulsvortrag einbrachte. Daraus wurde dann eine sehr lange Fragerunde“, berichtet er.

Implantat statt Schlüssel: Stephan Nachtsheim öffnet seine Haustür per NFC-Chip-Implantat in seiner Hand. Privat

Dabei kam natürlich das Thema Datenschutz auf: „Der Chip enthält nur eine Seriennummer und keine persönlichen Daten“, gibt Nachtsheim Entwarnung. Auch das Tracken des Chips ist nur in Kinofilmen möglich. Seine Entscheidung für das Implantat bedauert er nicht, lediglich, dass er derzeit noch nicht mehr mit dem Chip machen kann, wie beispielsweise ihn zum Bezahlen nutzen. Doch das lässt die aktuelle Technik noch nicht zu. Bei der Sicherheitskontrolle im Flughafen macht der Chip keine Probleme. „Das war mir wichtig, weil ich viel fliege“, sagt er.


Auch Stefan Müller (53), verantwortlich für die Bereich Vertrieb und Service Geschäftskunden bei der Telekom in Hamburg, ist mit seiner Entscheidung zufrieden. „Für meine beiden Teenager-Söhne bin ich der Held“, sagt er und lächelt. Als erste Anwendung hat sich Müller ebenfalls für eine Einlasslösung entschieden: Statt des Gummiarmbands mit Chip für den Zutritt zu seinem Sportstudio hält er nur noch seine Hand an das Lesegerät des Drehkreuzes am Eingang. Damit dies funktioniert, musste das Studio den Chip zuvor freischalten. Dafür wurde in der entsprechenden Datenbank die Seriennummer des Chip-Implantats hinterlegt. Für den Betreiber war das genauso einfach wie die Freischaltung eines Zugangschips, der in den üblichen Armbändern steckt.


Doch Müller hat noch eine ganz andere Anwendung für seinen Chip entdeckt: „Viele unserer mittelständischen Kunden können sich nichts Konkretes unter der Digitalisierung und deren Möglichkeiten vorstellen“, sagt er. „Ihnen veranschauliche ich die komplexe Thematik immer schon spielerisch, etwa indem ich neue Hardware oder Applikationen aus der mobilen Kommunikation live vorführe. Jetzt zeige ich ihnen meine linke Hand und berichte von den Möglichkeiten meines Implantats.“ So ist der Chip unter seiner Haut für ihn auch ein Türöffner in die digitale Welt geworden.