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Verstärkter Ausbau des Glasfasernetzes in Gewerbegebieten

Glasfaser, wer braucht denn sowas?

„Unser Ziel ist die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser (fiber-to-the-home, FTTH)“, heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grüne. Doch noch immer fragen sich selbst Unternehmen, warum in einem Glasfasernetz die Zukunft liegen soll.

Wer mit 50 oder 100 Mbit pro Sekunde ans Internet angeschlossen ist, hat in der Regel wenig Probleme mit langsamen Webseiten oder Daten, die erst nach einigen Minuten beim Empfänger angekommen sind. Selbst ein Ultra-HD Film bei Netflix blockiert bei einem 100 Mbit-Anschluss nur rund ein Viertel der Download-Rate und eine 1 Gigabit große Datei ist in rund 80 Sekunden runtergeladen. Warum, fragen sich daher selbst Internet-Vielnutzer sowie kleine und mittelständische Unternehmen, brauche ich also einen 1-Gigabit-Glasfaseranschluss? Nur für den E-Mail-Austausch mit Kunden und Partnern, ab und zu mal ein paar angehängte Bilddaten oder eine Videokonferenz reichen 100 Mbit/s doch allemal. 

Interesse an Glasfaser zieht an 

Corona hat diese Meinung geändert. Lockdowns, Homeoffice und die zunehmende Nutzung von Software und Datenverarbeitung in der Cloud zeigen Unternehmen die Grenzen des Kupferkabelnetzes und der üblichen Megabit schnellen VDSL-Anschlüsse. Daher wird der Ruf nach einem deutschlandweiten Glasfasernetz lauter. Denn nur der Glasfaserausbau ermöglicht den Vorstoß in den Gigabit-Bereich und optimale Verfügbarkeit. Schon Anfang August 2020, also gut drei Monate nach dem ersten Lockdown in Deutschland, stieg laut einer repräsentativen Umfrage von YouGov Deutschland das Interesse der Unternehmen an der Glasfaser. Zu diesem Zeitpunkt hatte fast ein Viertel der befragten Unternehmen in Deutschland einen Glasfaseranschluss. Weitere 43 Prozent sind aber jetzt davon überzeugt, dass sie in den kommenden fünf Jahren auf Glasfaser umsteigen müssen. Ihre Hauptgründe: für 83 Prozent sind es Stabilität und Sicherheit bei der Datenübertragung, hohe Übertragungsraten bei 79 Prozent der Befragten und die symmetrischen Up- und Downloadgeschwindigkeit führen 68 Prozent als Vorteil an. 

Und diese Geschwindigkeiten werden zukünftig auch gebraucht – weswegen die Glasfaser inzwischen neben Wasser, Strom und Gas als eine der vier Grundanschlüsse von Gebäuden gehandelt wird. Denn das übertragene Datenvolumen steigt enorm an. Laut den Ergebnissen der LBBW-Studie „Telekommunikation & Technologie“ haben die Deutschen 2020 etwa 76 Milliarden Gigabyte Daten übertragen, eine Verdoppelung gegenüber 2019. Auch wenn dieser Anstieg wegen Corona wahrscheinlich deutlicher ausgefallen ist, wird mit einer weiteren starken Zunahme gerechnet. In der Wirtschaft wird das exponentielle Wachstum der Datenmengen besonders durch die Digitalisierung angetrieben. Einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens True Global Intelligence zufolge rechnen Unternehmen in Deutschland damit, dass bis 2025 die Datenmenge um das 4,5-fache im Vergleich zu 2020 ansteigen wird.

Datenmenge explodiert durch IoT und Cloud

Den größten Anteil am Datenaufkommen in den Netzen haben Cloud-Anwendungen und zunehmend die Machine-to-Machine- und IoT-Kommunikation. Das Marktforschungsunternehmen IDC geht davon aus, dass die weltweite Datenmenge bis 2025 unter anderem aus diesem Grund auf 175 Zettabyte im Jahr 2025 anwachsen wird. Diese Daten werden zwar wahrscheinlich zunächst meist vor Ort in den Produktionsanlagen in Echtzeit oder Echtzeitnah ausgewertet. Im ersten Schritt belasten sie damit nicht die Internetanschlüsse der Unternehmen, aber ein Großteil der Daten werden zeitversetzt in die Cloud oder das eigene Rechenzentrum übertragen.

Einen Run erleben derzeit datenintensive Lösungen, die remote genutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel CAD-Programme, Extended Reality und Datenbrillen, Drohnen zur Inspektion oder digitale Fernwartungen von Maschinen. Daher ist abzusehen, dass Unternehmen mit Megabit-Anschlüssen bald an ihre Grenzen stoßen werden. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) erwartet, dass sich die Bandbreitennachfrage in den nächsten fünf Jahren um das fünf- bis sechsfache erhöhen wird. Bei Geschäftskunden werde die nachgefragte Bandbreite 2026 bei 1,5 Gbit/s für Download und 922 Mbit/s für Upload liegen.

Das Datenaufkommen bewältigen zu können, ist aber nur eine Facette, bei der ein Glasfaseranschluss helfen kann. Die Verfügbarkeit, Datensicherheit und die Stabilität sind höher als im Kupferkabelnetz. So strahlen Glasfaser keine Signale aus und sind extrem schwierig anzuzapfen. Und sollte es doch gelingen, zeigt sich das sofort durch Fehlfunktionen. Da Glasfaser nicht leitfähig ist, können elektromagnetische Interferenzen oder Funkstörungen anderer Geräte den Datenfluss nicht stören. Zudem verbrauchen Glasfasernetze deutlich weniger Strom, da sie rund sechs Mal effizienter als Kupferkabelnetze sind.

26 Millionen Glasfaseranschlüsse bis 2024

Warum, fragen uns Kritiker, hat die Telekom denn jahrelang auf Kupferkabel und Vectoring gesetzt, wenn die Entwicklung des Datenaufkommens bekannt war und nur die Glasfaser den Bandbreitenbedarf der Zukunft decken kann? Die einfache Antwort: Zeitdruck. Der Bedarf an Bandbreite stieg schon vor Jahren deutlich an und damit auch der Bedarf einer kurzfristigen Lösung. Es war abzusehen, dass der Ausbau eines Glasfasernetzes mehr als ein Jahrzehnt dauern würde. Die technische Zwischenlösung Vectoring war dagegen schnell verfügbar und konnte die Datenrate zwischenzeitlich bis zu 250 Mbit/s erhöhen.

Jetzt gilt es den Ausbau des Glasfasernetzes mit Nachdruck voranzutreiben. Damit möglichst viele Unternehmen schnell einen Anschluss bekommen können, konzentriert sich die Telekom beim Glasfasernetzausbau mit den Gewerbe- und Industriegebieten auf Schwerpunktflächen. Denn in Gewerbegebieten ist der Anteil kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) sehr hoch. Derzeit ist der Glasfaserausbau jedoch auch vom allgemeinen Chipmangel betroffen, die Genehmigungen brauchen Zeit und die Tiefbauunternehmen sind schon jetzt auf Jahre ausgebucht. Trotzdem wird die Zahl der möglichen Glasfaseranschlüsse – für den privaten und gewerblichen Einsatz – bis 2024 laut BREKO von rund 11,5 Millionen Ende 2021 um mehr als das Doppelte auf 26 Millionen steigen. Die Telekom allein wird bis dahin voraussichtlich 10 Millionen Glasfaseranschlüsse bereitstellen.

Glasfaser ist Zukunftsinvestition

Bleiben die Kosten als letztes Argument gegen einen Glasfaseranschluss. Hier hält sich ein Gerücht hartnäckig: Glasfaser ist deutlich teurer als VDSL. Was nicht stimmt. Der monatliche Tarif für einen 1.000 Mbit-Glasfaser-Anschluss beträgt bei der Telekom aktuell knapp unter 100 Euro netto. Im Vergleich zu einem Kupferanschluss gibt es damit bis zu zehnfach mehr Leistung für gerade Mal den doppelten Preis – also nur rund 50 Euro monatliche Mehrkosten für eine Investition in die Zukunft. Dazu kommen Einmalkosten, die bei der Telekom aber in der Regel für eine FFTH-Glasfaseranschluss bis zum Hausübergabepunkt am Gebäude in den derzeit geplanten Industrie- und Gewerbegebieten entfallen. Wer sich also frühzeitig für einen Glasfaseranschluss entscheidet, spart die einmaligen Anschlusskosten.

Das Ausbautempo des Glasfasernetzes jedenfalls zieht auch in den nächsten Jahren weiter an. Bisher hat die Telekom rund 1.000 Gewerbegebiete mit Glasfaser versorgt. In den nächsten Jahren sollen jährlich rund 500 Ausbaugebiete, von denen besonders die KMUs profitieren werden, dazukommen.